Noch im Oktober 2007 betrug das weltweite Börsenvermögen 66'000 Milliarden $. Davon waren schätzungsweise 33% fremdfinanziert, das netto Börsenvermögen betrug somit 40'500 Milliarden $.
Der Weltaktien-Index (MSCI World) stand im Oktober 2007 bei 1682. Am Montag, den 2. März 2009, stand dieser bei 714, oder -57,6% tiefer. Aus 66'000 Milliarden $ wurden 28'000 Milliarden $ weltweites Börsenvermögen, davon dürften auch heute noch ca, 30% fremdfinanziert sein, so dass das netto Börsenvermögen 19'500 Milliarden $ beträgt.
Mit anderen Worten wurden in nur 16 Monaten weltweit 38'000 Milliarden $ brutto Börsenvermögen oder rund 24'000 Milliarden netto Börsenvermögen vernichtet. Das ist die grösste Vermögensvernichtung seit dem Börsencrash von 1929.
Das weltweite Bruttoinlandprodukt (BIP) betrug Ende 2007: 65'820 Milliarden $ die Staatsverschuldungsquote betrug damals ca. 65% des BIP oder 42'800 Milliarden $.
Im Buch "The aftermath of Financial Crises" hat Kenneth S. Rogoff (Harvard University) und Carmen M. Reinhart (University of Maryland) die weltweit grössten Finanzkrisen untersucht (USA 1929, Spanien 1977, Norwegen 1987, Finnland 1991, Schweden 1991, Japan 1992, Asienkrise 1997-98, Kolumbien 1998, Argentinien 2001).
Das Resultat der Studie ist lehrreich und zeigt auf, dass die Auswirkungen der Krisen im Durchschnitt folgende reale Effekte mit sich brachten:
Einfluss: Dauer:
Aktienmärkte -55,9 % 3,4 Jahre
Immobilienpreise -35,5 % 6.0 Jahre
Arbeitslosigkeit + 7,0 % 4.8 Jahre
BIP pro Kopf - 9,3 % 1.9 Jahre
Staatsverschuldung +86,3 % 3.0 Jahre
Aktienmärkte -55,9 % 3,4 Jahre
Immobilienpreise -35,5 % 6.0 Jahre
Arbeitslosigkeit + 7,0 % 4.8 Jahre
BIP pro Kopf - 9,3 % 1.9 Jahre
Staatsverschuldung +86,3 % 3.0 Jahre
In den vergangenen Jahrzehnten hat es immer wieder Finanzkrisen in einigen Ländern der Welt gegeben. Eine eigentliche weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise gab es zuletzt 1929. Verlässliche Zahlen über ihre Auswirkungen für den Rest der Welt fehlen jedoch, es gibt nur historische Aufzeichnungen/Erzählungen über die so genannte "grosse Depression". Für die Vereinigten Staaten waren die Auswirkungen wie folgt:
Einfluss: Dauer:
Aktienmärkte - 89,0 % 4.0 Jahre
Immobilienpreise - 14,0 % 6.0 Jahre
Immobilienpreise - 14,0 % 6.0 Jahre
Arbeitslosigkeit + 22,5 % 4.0 Jahre
BIP pro Kopf - 28,0 % 4.0 Jahre
Staatsverschuldung k. Ang. 3.0 Jahre
Zählt man in der heutigen Krise die von den vielen Regierungen angekündigte Hilfe an den Finanzsektor und die aufgelegten Konjunkturpakete zusammen, kommt man bis zum 2. März 2009, auf einen Betrag von 8'500 Milliarden $. Dazu kommen Aufkäufe von Commercial Papers, Hypotheken, etc., sowie versprochene Garantien in der Höhe von über 10'000 Milliarden $. Auch wenn einige dieser Garantien und Konjunkturprogramme nur teilweise finanzwirksam werden, dürfte die Verschuldung der Staaten infolge weiteren notwendigen Konjunkturstützungsmassnahmen, Steuerausfällen, etc. trotzdem um ca. 20'000 bis 30'000 Milliarden zunehmen. Die globale Staatsverschuldung steigt also von 42'000 Milliarden $ (2007) auf voraussichtlich 62'000 bis 72'000 Milliarden $ (2010) oder um +50-70 % und beträgt im Jahre 2010 voraussichtlich 100-115 % des geschrumpften weltweiten BIP.
Es stellt sich also eine weitere Frage: Wie und zu welchem Preis die staatliche Schuldenwirtschaft finanziert werden kann? Bereits heute wird für viele Ländern happige Zinsrisikoaufschläge verlangt (Griechenland bezahlt beispielsweise 2,67% mehr als Deutschland, Irland 2,4% und Italien 1,48% mehr Stand 20.1.09). Die Rendite von 30-jährigen Treasurie Notes ist im Moment 2,6-2,7 %. Die Inflation in den USA beträgt seit 1990 durchschnittlich 2,7%. In den 90er-Jahren war die Inflation bei durchschnittlich 4,5 %, im Jahrzehnt zuvor gar bei 8 %. Sollte die Inflation in den kommenden Jahren nicht zuletzt wegen der hohen Geldschöpfung wieder ansteigen, dann resultiert bald eine hoch negative Real-Verzinsung. Es drohen damit grosse Kursverluste vorallem bei langfristigen Anleihen. Bekanntlich bedeutet ein Zinsanstieg von 1 % rein rechnerisch einen Kursverlust von 16,8% auf einer 30-jährigen USD-Staatsanleihe. Dazu kommen Währungsverlust oder Währungsaufwertungen die die Wettbewerbs- und Konkurrenzfähigkeit einzelner Länder signifikant verändern könnten. Die Staatshilfen könnten so leicht zu einem gefährlichen Boomerrang werden.
Die Weltwirtschaftskrise ist heute gerademal 16 Monate alt und hat bereits eine unglaubliche Dynamik erreicht. Die globale Vernetzung der Finanzwelt und der Weltwirtschaft führt zu kaum geahnten Kettenreaktionen, permanent steckt ein Land das andere an, wie unter einander faule Äpfel. Ein Ende der Krise ist deshalb kaum absehbar. Die Krise soviel steht heute schon fest, wird zu tiefgreifenden Veränderungen in vielen Branchen führen und wird die Wohlstandentwicklung auf viele Jahre hinaus zurückwerfen. Orientiert man sich an der letzten Finanzkrise in Japan könnten die Auswirkungen über ein ganzes Jahrzehnt andauern und die Weltbörsen könnten gut und gerne nochmals 20 bis 30 % tauchen bevor sie stabilisieren und ein langsamer und zäher Wiederanstieg beginnen kann. Falscher Optimismus zu verbreiten kann tödlich sein. Krisen bekommt man nur in den Griff, wenn man den Realitäten in die Augen schaut.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen