Samstag, 25. April 2009

Vorhersehbarkeit der Finanz- & Weltwirtschaftskrise im Rückblick

Hospiz, Grosser St. Bernhard, Sonnenschein, 8 C.


Es ist eine Binsenwahrheit, dass längerfristiger Erfolg zwingend davon abhängig ist zukünftige Entwicklungen, Trends, etc. voraus zu sehen oder voraussagen zu können.



Der längste und grösste globale weltwirtschaftliche Aufschwung nach dem 2. Weltkrieg wäre nicht möglich gewesen ohne die immer bessere und präziser werdende Fähigkeit des Menschen zukünftige Entwicklungen vorauszuberechnen, zu planen und einzukalkulieren, um dann gezielt den möglichen Szenarien, Folgen, Auswirkungen mit den entsprechenden Gegenmassnahmen und Aktionen zu begegnen.



So wurde auch sehr viel Geld in diese Aufgabe investiert. Jede angesehene Universität beschäftigt sich mit Zukunfts- und Konjunkturfragen. Es gibt auf der Welt zahllose Wirtschaftsforschungs- und Wirtschaftsprognose-Institute. Nationalbanken beschäftigen dafür eigene Wirtschaftsfachleute und darauf spezialisierte Mathematiker und jede grössere Bank verfügt heute über fundierte „in house“ Kompetenz in Sachen Analytik und Research. Die Informationstechnologie machte es möglich all dieses erarbeitete Wissen in Sekundenschnelle weltweit im Zugriff zu haben und die erarbeiteten Erkenntnisse auszutauschen und zu optimieren. Die Fachleute die sich mit diesen Prognosen beschäftigen gehören in der Finanzindustrie zu den bestbezahlten, renommiertesten und angesehensten Persönlichkeiten. Zu denen gesellen sich zahllose Professoren und Dutzende von Nobelpreisträgern bestbekannter Universitäten und Institute.



Doch als am 23. Sept. 1998 die von John Meriwether gegründete und von den beiden Nobelpreisträgern für Wirtschaftswissenschaften Myron Samuel Scholes und Robert C. Morton geleitete LTCM (Long Term Capital Management Inc.), in der Folge der realwirtschaftlichen Auswirkungen der Währungskrise in Russland, zusammenbrach, zeigte sich zum ersten mal eine „Delle“ in den sonst bis dahin verlässlichen Computeranalysen der Wirtschaftsprognostiker. Das Rechenmodel der Nobelpreisträger hatte, das mit ca. 0,1% prozentiger Wahrscheinlichkeit eintretende maximale Spread-Defizit zwischen SWAP-Rates und Treasury Bonds nicht berücksichtigt oder wegen ihrer geringen Wahrscheinlichkeit in ihren Berechnungen ausgeblendet.



Daraus hat man natürlich sofort gelernt. Dieser Fehler wurde beispielsweise korrigiert indem die VaR-Berechnungs-Modelle (Value at risk models) verfeinert wurden, indem man das gängige Varianz-Kovarianz-Modell mit dem Monte-Carlo-Simulation Modell (Umrechnung von mehreren 1000 zufällig generierten Marktpreisänderungen) absicherte und das Ergebnis parallel auch noch mit einem simulierten Historienverlauf verglich. So war man, nebst anderen eingesetzten verbesserten Tools sich jetzt ziemlich sicher, alle zukünftigen Risiken und Entwicklungen mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit vorausberechnen zu können.



Die verbesserten und verfeinerten Modelle überstanden so, die Dotcom-Blase (März 2000) und selbst der 11. September 2001, wurde mit kleineren und grösseren Blessuren für die Anleger gemeistert. Erkannt wurde auch die grosse Gefahr von praktisch unvorhersehbaren Terror-Anschlägen und insbesondere hat die Bush-Regierung, aber auch weltweit, die Terror-Bekämpfung als Gefahr der Real-Wirtschaft erkannt, bekämpft und eingedämmt.



Heute wissen wir, wie die heutige grösste Finanz- & Weltwirtschaftskrise seit den 30er Jahren entstanden ist. Man weiss auch warum die besten Rechenmodelle um diese vorauszusagen versagt haben. Die Rechenmodelle hatten alle den gleichen Fehler: Sie gingen ganz einfach davon aus, dass es immer einen Markt gibt, getreu nach dem kapitalistischen Grundsatz: „Es ist immer der Markt der die Preise bestimmt!“ Die Modelle sahen nicht voraus, dass es möglich sein könnte, dass es für gewisse Produkte ganz einfach keinen Markt mehr gibt, weil die Akteure, die Gegenparteien die es für jeden Handel braucht, das Vertrauen zueinander nicht mehr hatten, dass all die eingegangenen und noch einzugehenden Forderungen und Verpflichtungen auch erfüllt werden.



So kommen wir zurück auf die Machbarkeit und Zuverlässigkeit der Prognose-Wirtschaft. Das wohl bestvernetzte Institut für Weltwirtschaft ist der International Währungsfond (IMF oder International Monetary Fund). Diese Sonderorganisation der Vereinten Nationen und Schwesterorganisation der Weltbank-Gruppe hat 185 Mitgliedsländer. Ihre Aufgabe ist die Förderung der internationalen Zusammenarbeit in Währungspolitik, die Ausweitung des Welthandels, die Stabilisierung von Wechselkursen, die Kreditvergabe, die Überwachung der Geldpolitik und das Monitoren der Wirtschaftsentwicklung (sprich technische Hilfe). Kein anderes Institut der Welt betreibt eine umfassendere Wirtschaftsdaten-Erhebung über alle ihre zu überwachenden Mitgliedsländer, sowie über einzelne geografische Wirtschaftsräume aber auch über die globale Weltwirtschaft als das IMF. Sie tut dies nicht nur über Informationssammlung, sondern auch mit regelmässigen Gesprächen vor Ort mit den einzelnen Regierungen, Nationalbanken, Weltbank, Welthandels-Organisationen, etc. Seit März 2002 veröffentlicht sie über ihre „Surveillance“-Tätigkeit , wie sie es nennt, den vierteljährlichen „Global Financial Stability Report“ der die vorherige Publikation „International Capital Markets“ ablöste.



Nun, wie sahen die Prognosen des IMF in Bezug auf die heutige Finanz- und Weltwirtschaftskrise aus:

· Im Juli 2008 konnte man aus dem „Update of World Economic Outlook“ unter dem Titel „Global slowdown and rising inflation“ entnehmen, dass das IMF für das Jahr 2009 noch ein Wirtschaftswachstum von 3,9% prognostizierte, wobei die quartalsweise hochgerechneten Ergebnisse sogar auf ein Wirtschaftswachstum für 2009 von 4,3% hindeuteten.

· Am 2. Oktober 2008 schreibt das IMF in ihrem „Executive Summary“: „Global growth is expectet to moderate to 3.0% in 2009".

· Einen Monat später, am 6. November, schreibt sie in einem Update zum World Economic Outlook: „The world output is projected to expand by 2.2 percent in 2009".

· Am 28 Januar 2009, korrigiert das IMF dann unter dem Titel „Global economic slump challenges policies“ ihre Einschätzungen mit folgendem Satz: „World growth is projectet to fall to 0,5 percent in 2009, its lowest rate since World War II.“

· Am 16. April 2009 muss sie erneut korrigieren, jetzt schreibt sie im Executive Summary: „The global economy is in a severe recession inflicted by a massiv financial crisis and acute loss of confidence. The world output is projected to decline by 1,3 percent in 2009 as a whole.“

Innerhalb von nur 8 Monaten korrigierte somit das IMF ihre Prognose für 2009 von plus 4,3% auf minus 1.3 Wachstum! Sie lag mit ihren Schätzungen also ganze 5,6% daneben, wo in den vergangenen Jahren jeweils Abweichungen von 0,1% bis 0,4% die Regel waren. Andere Wirtschaftsforschungs-Institute, Professoren, Analytiker und ganze Research-Abteilungen der 30 grössten Banken der Welt konnten es auch nicht besser, sie lagen mit ihren Prognosen gleich falsch wie das IMF, und es ist gut möglich, dass sie sich dabei auch auf den Daten-Kranz des IMF abstützten. Trotzdem haben sie ihre Aufgabe schlecht gemacht. Denn sie haben sich nicht die Mühe gegeben die Details der IMF-Einschätzungen zu lesen. Schon im „Executive Summary“ vom 3. April 2008 schrieb nämlich das IMF:



„The IMF staff now sees a 25 percent chance that global growth will drop to 3 percent or less in 2008 and 2009 - equivalent to a global recession. The greatest riks comes from the still-unfolding events in financial markets, particularly the potential for deep losses on structured credits related to the U.S. subprime mortgage market and other sectors to seriously impair financial system balance sheets and cause the current credit squeeze to mutate into a full-blown credit crunch.»



Das IMF, war also erwiesener Massen, das wohl einzige Wirtschaft-Institut von Weltrang, dass die heutige Finanz- und Weltwirtschaftskrise trotz noch späteren optimistischen Prognosen frühzeitig erkannt und rechtzeitig thematisiert hat.



Die Lehre daraus sollte sein: Die „Executive Summarys“ des IMF World Economic Outlook (WEO) (www.imf.org/external/ns/cs.aspx?id=29
), die auch im Internet publiziert werden, gehören zur Pflichtlektüre aller Finanzpolitiker, „Bänkler“ und Leiter von Grossunternehmen. Wenn Ospel & Co. oder selbst unser Finanzminister Merz heute sagt, wir wurden von unvorhersehbaren Ereignissen regelrecht überrollt, so bleibt der bittere Nachgeschmack, dass diese zusammen mit ihren bestbezahlten Mitarbeiter, ihre Hausaufgaben nicht sorgfältig genug gemacht haben, denn das IMF hat in der Tat rechtzeitig den Finger auf die Wunde stelle gerichtet. Aber sie waren ja alle in guter Gesellschaft.

Bernhard






Samstag, 18. April 2009

Zu wenig Geld: Arbonia-Forster-Chef räumt den Sessel

Hospiz St. Bernhard: leicht bewölkt, -4 C.





"Zu wenig Geld: Arbonia-Forster-Chef räumt den Sessel" so die Titel-Schlagzeile von Marc Badertscher in der heutigen Ausgabe des Tages Anzeiger.


Als ich am 20. März im Blogspot unter dem Titel "Steht die AFG Holding AG vor dem Abgrund?" schrieb: "Die AFG-Aktie ist ein absolutes "High Risk Papier" und es ist zu hoffen, dass der selbsternannte "König von Arbon" Kraft, Mut, Geld, Ideen und die Gesundheit hat, seinen schwerst angeschlagenen "Luxus-Liner" durch den höchst bedrohlichen Konjunktur-Orkan zu steuern. Ansonsten könnte es bald heissen: "Mann über Board" und gleich darauf "SOS Schiff unter"!, ahnte ich nicht, dass diese Geschichte sich in so kurzer Zeit so dramatisch zuspitzen könnte.

In der Tat, -16% Umsatzrückgang im 1. Quartal der AFG ist dramatisch. Besorgniserregend ist auch, dass Dr. Edgar Oehler, offensichtlich das Geld fehlt um seinen Konzern zu stützen. Etwas stossend wirkt auch, dass derselbe Oehler, gleichzeitig am selben Tag in der Zeitung "Blick" seine harten Anforderungen für seine Nachfolger proklamiert. Mit Verlaub gesagt, die neue Führung der AFG braucht nicht nur Detailkenntnisse, sondern auch Branchenkenntnisse, ferner muss auch saniert werden. Ich glaube Oehler muss am Schluss froh sein, wenn er überhaupt jemand findet der "diese heisse Kartoffel" anfasst. Ich wünsche es jedenfalls allen Mitarbeitern des Konzerns. In guten Zeiten ein Konzern zu führen, das kann fast jeder, bald steht aber die AFG inmitten des Orkans, auch wenn im Auge des Orkan noch vermeintlich Windstille herrscht.

Bernhard

Freitag, 17. April 2009

Gute Autoverkäufe im März ein 1. Zeichen für Konjunkturaufhellung in der Schweiz?

Hospiz St. Bernhard: 55 cm Neuschnee, -9 C.

Mit + 0,8% wurden in der Schweiz im März 2009, mit 23'678 Personenwagen-Zulassungen mehr Fahrzeuge verkauft als im Vorjahr (23'493 Einheiten). Die Personenwagenverkäufe gelten weltweit als ein sehr gutes Konjunkturbarometer!

Leider zeigt eine nähere Überprüfung der Zahlen, dass der Monat März im Jahre 2009 26 Verkaufstage hatte, im Vorjahr waren es nur 23 Tage. Bereinigt nach Verkaufstagen gibt es also einen Rückgang der Verkäufe von -11,5% anstatt einem plus. Kummuliert (1. Quartal) beträgt der Rückgang -11,4% und bereinigt nach Verkaufstagen sogar satte -15,0%.

In Europa (EU27 + EFTA*) betrug der Verkaufsrückgang im März trotz Abwrackprämien in Deutschland, Frankreich und Italien -9,0 % (1'506'249 zu Vorjahr 1'656'106 Personenwagen) bereinigt nach Verkaufstagen beträgt der Rückgang im März satte -19,5%, was noch schlechter ist als der Rückgang im Februar 2009 von -18,3%. Kummuliert beträgt der Rückgang in Europa im 1. Quartal -17,2% (3'439'720 zu Vorjahr 4'154'778) und bereinigt nach Verkaufstagen -2o,6%.

Allein Deutschland verkaufte im 1. Quartal 2009 dank der Abwrackprämie erstaunliche +18,0% mehr Personenwagen (März +39,9%) als im Vorjahr. Rechnet man Deutschland aus den Europazahlen heraus und bereinigt man die Zahlen nach Verkaufstagen beträgt der kummulierte Verkaufsrückgang in den EU27 + EFTA-Ländern schwindelerregende -27,8%!

Hier kurz noch die Gewinner & Verlierer im 1. Quartal in Europa (in der Rangfolge):

VW Group - 17,2%
PSA Group - 19,2%
FORD Group - 13,1%
FIAT Group - 8,6%
GM Group - 25,3%
Renault - 21,7%
Toyota - 18,3%
Daimler - 24,1%
BMW - 26,4%
NISSAN - 28,9%
Hyundai + 12,5%
Honda - 17,9%
Suzuki - 6,9%
Mazda - 17,7%
KIA - 20,2%
MITSUBISHI - 31,3%
JAGUAR GROUP - 41,1%
CHRYSLER - 52,8%

Im Autogeschäft sind also zweifelsohne trotz Abwrackprämien von alleine 6.0 Milliarden EURO in Deutschland leider noch keine Frühlingsgefühle auszumachen!

Bernhard

* Zahlen gemäss ACEA (Association des constructeurs européens d'Automobiles)


Sonntag, 12. April 2009

Das Ostergedicht

Der erste Ostertag

Fünf Hasen, die saßen beisammen dicht,
Es macht ein jeder ein traurig Gesicht.
Sie jammern und weinen:
Die Sonn' will nicht scheinen!
Bei so vielem Regen Wie kann man da legen
Den Kindern das Ei?
O weih, o weih!
Da sagte der König:
So schweigt doch ein wenig!
Lasst weinen und Sorgen
Wir legen sie morgen!

Heinrich Hoffmann

Freitag, 3. April 2009

Finanzkrise mit Bilanzkosmetik bewältigen?

Hospiz Grosser St. Bernhard: Sonnenschein, +8 C.

Mit 3 zu 2 Stimmen lockerten gestern die amerikanische Bilanz-Aufsicht FASB (Financial Accounting Standarts Board) die Abschreibungsregeln für die Bewertung von Giftpapieren in den Bilanzen der amerikanischen Finanzinstitute. Die neue Regelung tritt Ende Juni in Kraft und kann deshalb bereits in den Quartals-Abschlüssen im 1. Quartal 09 angewendet werden. Gemäss Beurteilung der Analysten führt diese Massnahme zu einer Verbesserung der Quartals-Ergebnisse von 20-25%. Entsprechend war dann auch das Kursfeuerwerk an der Börse!

Während am G-20 Gipfel publikumswirksam verkündet wurde, die Finanzmärkte werden zukünftig streng reguliert und scharf überwacht, hebt also gleichzeitig das amerikanische FASB die bis an hin geltenden strengen "market to market" Bewertungen für Vermögenswerte amerikanischer Bankinstute auf. Dadurch können diese Gesellschaften jetzt bei der Bewertung von längerfristigen Anlagen auf eigene Modelle anstatt auf Marktpreise zurückgreifen und so alle unrealisierten Verluste im Wertpapierbestand aussitzen.

Die FASB tat dies auf Druck des US-Kongress und diverser Banken, um damit ein Ende der Milliarden-Abschreiber einzuleiten, was zu entsprechenden Auswirkung auf die Eigenkapitalbasis der betroffenen Institute und ihrer Kreditvergabe geführt hätte.

Die neue Regelung erlaubt jetzt den Banken, den wahren Wert ihrer toxischen und illiquiden Papiere zu verschleiern. Den Investoren wird Sand in die Augen gestreut, da die wahren Verpflichtungen der Banken jetzt schwieriger zu erfassen sind. Ob das der Bereitschaft der Investoren förderlich ist, diesen Instituten neues Kapital zukommen zu lassen, bleibt auf jeden Fall dahin gestellt. Dazu kommt die fehlende Transparenz für die Anleger durch die unterschiedlichen Regelwerke in den USA, Europa und anderen Märkten.

Ich bin dezidiert der Meinung, dass das Verlassen der "market to market" Bewertung, respektive des "fair-value accounting" keine gute Lösung darstellt. Die Milch wird ja auch nicht besser, wenn man einfach das Frischhalte-Datum weg lässt. Im "boomenden" Markt waren die "market to market" Bewertungen für die Boni-Politik ein Segen, jetzt da diese grösstenteils wegfallen, kann man natürlich gerne darauf verzichten, es schadet aber der Transparenz und ist damit nicht im Interesse der Investoren.

Bernhard











Das Börsenrally, das keines war.....!

Bärenmarktrally vom 12.11.1929 bis 21.4.1930 + 48%